Paar- & Gruppenhaltung

Eines der schwierigsten und umstrittensten Themen in der Zwerghamsterwelt, daher versuchen wir es mal so neutral wie möglich anzugehen und bitten euch, den Blick in die Natur dabei nicht zu verlieren.

Vorweg möchten wir aber gleich sagen, dass Goldhamster immer einzeln gehalten werden müssen.


Sind Hamster allgemein Einzelgänger?

Nein, das sind sie nicht. Während die Goldhamster nicht unbedingt die Familie dauerhaft schätzen, leben einige Zwerghamsterarten in der Natur zur Aufzucht im Familienverband.

Oft lebt ein Elternpärchen mit 1-2 Würfen gemeinsam im Bau und ziehen zusammen die Jungtiere groß. Um sich für den harten Winter vorzubereiten, legen sie ein gemeinsames großes Futterlager an. Die Jungtiere werden meist aber nur so lange geduldet, bis sie auf eigenen Pfötchen stehen, die Aufzucht beendet ist und eine eigene Familie gründen. Nur selten findet dies im elterlichen Bau statt. D.h. letztendlich gehen alle Hamster i.d.R. getrennte Wege.

Kranke und schwache Tiere können in diesem Kreislauf unter Umständen auch getötet und gefressen werden, um den Bau vor Krankheiten zu schützen.

 

Das heißt: eine Gruppenhaltung ist in der Natur durch aus möglich und vorallen natürlich, allerdings nur im gegengeschlechtlichen Verband mit einem Elternpaar und nur für gewisse Zeit.

 

Gleichgeschlechtliche Paare sind von der Natur nicht vorgesehen, denn dann wäre diese Art zum Aussterben verdammt.

Hamstergruppen als Haustiere

Jetzt stellt sich natürlich die Frage: Kann man Zwerghamster zu Hause in Gruppen halten?

Diese Frage ist leider nicht mit ja oder nein zu beantworten, und wenn auch nur mit einem großen ABER.

 

Jahrelang haben wir nun Infos gesammelt zur Gruppenhaltung. Natürlich gibt es Hamsterliebhaber, die das befürworten und absolute Fans von Gruppenhaltung sind und auf der anderen Seite gibt es Menschen, die strikt davon abraten. Wichtig ist uns vorallem, dass man sich immer ein Beispiel an der Natur nimmt.

Wie o.g. liegt es in der Natur der Zwerghamsters in Familienverbänden (also Männlich und Weiblich) in der Natur zu wohnen. Diese funktionieren auch nur, weil sie einen Bau über mehrere Quadratmeter haben und sich in einer Stress-Situation selbstständig vom Bau entfernen können.

Zwerghamster suchen die Nähe zu anderen Artgenossen, um einem natürlichen Lauf des Lebens nach zu kommen: Sie möchten sich fortpflanzen.

 

In der Heimtierhaltung ist weder der Platz, noch für das Tier die eigene Entscheidung sich vom Bau zu entfernen möglich.

Das heißt der Mensch bestimmt, ob diese Gruppe zusammen leben soll und wie viel Platz er den Tieren zur Verfügung stellt und ist somit auch für alle Folgen (Verletzungen und Tod) verantwortlich. Es liegt also in der Verantwortung des Besitzers, die richtigen Entscheidungen zu treffen und abzuwegen, ob er wirklich Gott spielen will.

Alle Zwerghamsterarten sind theoretisch  im Familienverband kurzfristig gruppentauglich - zumindest in der Natur.

In Heimtierhaltung gestaltet sich das schon deutlich schwieriger:

Der artreine Dsungarische Zwerghamster ist beispielsweise sehr sozial im Familienverband. Lernt sich erstmal ein Pärchen lieben, entwickelt sich eine sehr harmonische Partnerschaft. Sie bauen gemeinsame Nester, um sich auf ihre Jungen vorzubereiten und ziehen diese auch gemeinsam groß. Die Männchen haben aber oftmals eine eigene Schlafkammer weit vom Weibchen entfernt, dafür muss das Gehege natürlich groß genug sein. Die Babies werden liebevoll umsorgt, es wird ihnen erst Futter gebracht und dann beigebracht, was besonders schmackhaft ist. Nach der Aufzucht mit beiden Elternteilen sind sie besonders auf ihr natürliches Verhalten geprägt: Buddeln, Sauberkeit und Nestbau wurde genaustens dem Nachwuchs weiter gegeben. Ab einem gewissen Alter kann man manchmal Spannungen in der Gruppe erkennen. Oftmals ist es der Vater, der die Jungen vertreiben möchte, um neuen Nachwuchs mit dem Muttertier zu zeugen. Manchmal werden sie auch anstangslos über Monate akzeptiert. Oftmals hängt es damit zusammen, ob das Muttertier erneut gedeckt wurde.

Da dies aber Aufzeichnungen aus Zuchten sind, ist es für die Hobby-Heimtierhaltung gar nicht umsetzbar. Dsungarische Zwerghamster fühlen sich nicht alleine oder verlassen, wenn sie keinen Partner haben. Sie sind sehr glücklich und zufrieden. Da man keine zwei fremden Dsungaren oder x-beliebiger Geschwister zusammen setzen kann für eine Gruppenhaltung, fällt der Dsungare also komplett raus aus der Gruppenhaltung.

Der Roboroski Zwerghamster wurde in der Natur ebenfalls beobachtet, wie er im Familienverband lebt, ähnlich wie beim Dsungaren. Allerdings gestaltet sich die Gruppenhaltung in Heimtierhaltung über aus schwierig.

Viele Züchter und erfahrene Liebhaber versuchen immer wieder gleichgeschlechtliche oder auch gemischte Gruppen und Paare zusammen zu bringen. Die Größe des Geheges spielt dabei keine Rolle, sobald sich eine Gruppe oder ein Familienverband gefunden hat und funktioniert.
Allerdings kommt es häufig vor, dass ein Tier kurze Zeit ausgegrenzt wird. Oftmals geschieht das so schnell, dass der Halter dies nicht beobachten kann. Es handelt sich oftmals um das schwächste Mitglied der Gruppe - und irgendwer ist immer der oder die Schwächste!

Was genau passiert oder warum ein plötzlicher unerwarteter Streit ausbricht, kann man nicht sagen. Roborowskis kämpfen oftmals lautlos, sodass ein Eingriff selten möglich ist. In den meisten Fällen wird der Hamster sehr stark verletzt oder sogar getötet, was auch die Absicht ist. Manchmal verschwindet ein Roborowski auch spurlos... Nein, der ist nicht ausgebrochen. Er wurde mit Haut und Haar aufgefressen.

Daher ist eine Gruppenhaltung von Roborowskis nicht zu empfehlen und für Liebhaber auch absolut unverantwortlich.

Gruppen sollten nur von sehr erfahreren Haltern und Züchtern durchgeführt werden, die seit Jahren sich mit der Haltung beschäftigen.

Gruppenhaltung Campbell Zwerghamster

Harmonische Gruppenhaltung
Harmonische Gruppenhaltung

Die einzige Zwerghamsterart, die "offiziell" als gruppentauglich beworben wird, ist der Campbell Zwerghamster.
Leider entspricht das, wie ihr oben gelesen habt, nicht der Natur. Denn der Campbell hat die selben Bedürfnisse wie alle anderen Zwerghamsterarten und wurde nur in eine Rolle gedrückt.
Wenn wir von artgerechter Haltung sprechen, müssen wir uns auch an der Natur als Vorbild orientieren. Dort leben manchmal Campbells in einem bis zu 10qm großen und 1m tiefen Bau im Familienverband. Nach neusten Aufzeichnungen ist allerdings bekannt, dass das Männchen zwar im Bau schläft, aber nicht in der Schlafkammer geduldet wird. Oftmals ziehen Campbell-Weibchen ihre Jungen auch alleine groß.

 

In Heimtierhaltung werden artreine Campbells als besonders soziale Gruppentiere beworben, allerdings nur in gleichgeschlechtichen Gruppen vermittelt, um Nachwuchs zu vermeiden. Also nur Männchen oder nur Weibchen. Diese Gruppen sollten ausschließlich von sehr erfahrenen Hamsterhaltern (mehrere Jahre Zwerghamstererfahrung) gehalten werden, die sich vorab gründlich über die Haltung informiert haben, wenn man sich dieser Verantwortung überhaupt stellen möchte.
Denn gleichgeschlechtliche Gruppen sind nicht in der Natur vorgesehen und Probleme sind dadurch vorprogrammiert.
Weitere ausführliche Informationen zu dieser Hamsterart findet ihr hier: KLICK

Komplikationen in der Gruppenhaltung

Auch wenn man stolzer Besiter einer sozialen Gruppe ist, sollte man dennoch mit Komplikationen rechnen. Leider kommt es äußerst selten vor, dass ein gleichgeschlechtliches Paar oder eine Gruppe bis zum Tode in der ersten Konstellation zusammen lebt.

Was bedeutet, dass der Halter sich auf Veränderungen vorbereitet haben sollte. Ersatz-Gehege sollten vorhanden sein. Hat man für die dauerhafte Haltung von mehreren Gruppen oder Einzeltieren nicht ausreichend Platz, muss man sich auch mit dem Gedanken anfreuden das Tier in andere Hände abzugeben.

 

In den vergangenen Jahren haben wir immer wieder beobachtet und Halter befragt zu dem Thema. Leider sind die wenigsten Gruppen von Anfang bis zum Ende in der selben Zusammenstellung dauerhaft stabil, was vielleicht auch an den unerfahrenen Haltern liegen könnte, die alle eine Gruppe vermittelt bekommen. Oder auch an zahlreich erkrankten Tiere, die deshalb aus einer funktionierenden Gruppe ausgestoßen werden können. Denn die Campbell-Zucht ist nicht einfach.

 

Wird Ein Hamster aus einer Gruppe ausgestoßen, geschieht das manchmal schleichend, aber auch oft sehr plötzlich und rabiat. Der Hamster wird manchmal sogar im Rudel angegriffen und bösartig verletzt.

Die ersten Anzeichen für unerfahrene Halter sind Geschrei, Gezanke und Kämpfe mit blutigen Bisse am Bauch, Rücken, Po und Geschlechtsorganen.

 

Dies sind nur "Warnungen", dass der Hamster aus der Gruppe sich entfernen soll. Die ersten Aufforderungen und Anzeichen erkennt der Halter oftmals nicht oder zu spät. Da er aber in einem kleinen Gehege gehalten wird, hat der Ausgestoßene nicht die Chance wie in der Natur auf die ersten Signale zu reagieren und den Bau zeitnah zu verlassen.
Die Folge sind starke Revierkämpfe mit schweren und lebensbedrohlichen Verletzungen. Das Opfer hat manchmal keine Wahl, da er nicht seinen natürlichen Instinkten nachkommen kann und dank dem Besitzer in einem "Gefängnis" sitzt und die Qualen über sich ergehen lassen muss.

Hamsterkind wurde nach wenigen Wochen aus der Gruppe verjagd.
Hamsterkind wurde nach wenigen Wochen aus der Gruppe verjagd.

 

In so einer Situation ist das Tier natürlich unverzüglich zu retten bzw zu trennen. Besser noch, wenn man die ersten Signale wahr nimmt und erkennt. Man sollte kein Tier zu dem menschlichen Willen zwingen.

 

Im Fall einer Trennung sollte man immer ein zweites Gehege parat haben oder zumindest ein ausreichendes Notfallgehege, um sofort ein artgerechtes Gehege mit neuer Ausstattung zu besorgen.

Bereits bei der Anschaffung sollte man sich dessen bewusst sein, im Notfall entsprechend viele Gehege anzuschaffen, so groß wie die bestehende Gruppe ist. Oder sich im schlimmsten Fall von seinen Tieren trennen.

 

Wissenschaftliche Erkenntnisse

 

Worauf stützen sich unsere Aussagen? Da man immer wieder davon liest, dass Campbells besonders sozial sind, haben wir uns mal um wissentliche Erkenntnisse bemüht. Wir fanden raus, dass es in der Natur eine Ost- und Westform gibt, die beide untersucht wurden. Wie auch bei anderen Phodopus-Arten, scheint es regionale Unterschiede zu geben. Die Ostform wurde hauptsächlich in Kanada von Katherine E. Wynne-Edwards untersucht. Dort wurde festgestellt, dass gleichgeschlechtliche Artgenossen (also je zwei Männchen oder zwei Weibchen) des Campbellzwerghamsters aggressiv und teils bissig aufeinander reagiert haben und keineswegs sozial miteinander umgegangen sind. Bei den Dsungaren gab es ähnliche Ergebnisse. Auch wurden Unterschiede in der Brutpflege festgestellt, wo der Vater teils schon während der Schwangerschaft verscheucht wurde.
Forschungsergebnisse

Die Westform wurde auch in Deutschland untersucht. U.a. an der Universität Halle von Dr. Fritsche, der selbst auf Expeditionen war. Neuerdings wird dort auch die Ost-Form untersucht, wobei festgestellt wurde, dass die Männchen bei großen Gehegen gerne ein eigenes Nest anlegen und sich bei der Laktation (Aufzucht) zurück ziehen. Wir sprachen Dr. Fritsche an, ob es ein natürliches Vorkommen wäre, dass Campbells in gleichgeschlechtlichen Gruppen leben oder im Familienverband bzw. deutlich sozialer wären, als die anderen Phodopus-Arten. So wird der “artreine” Campbell beworben.

 

Die Antwort: “Ich kann die von Ihnen erwähnten, unterschiedlichen Empfehlungen (...) nicht nachvollziehen. Wir haben in einer biologischen Station bei Moskau Zwerghamster beider Arten (P. sungorus und P. campbelli) in großen (18 x 18 m) Freigehegen gehalten. Dort waren die Baue immer nur einzeln bewohnt. Ich rate also bei beiden Arten zur Einzelhaltung. Man kann Geschwister nach dem Absetzen eine Zeitlang zusammen halten. Oft treten aber mit zunehmendem Alter bei beiden Arten Probleme auf. Wir halten auch Paare eine Zeitlang zusammen, was i.d.R. funktioniert, aber wohl in der Natur nicht vorkommt...”

Dr. P. Fritsche, Zoology, University of Halle

(Zusatz: Uns ist bekannt, dass Dr. Fritsche auch als Autor tätig ist und dort nicht die idealen Tierschutz-Empfehlungen vertritt. Leider wird es so ausgelegt, dass seine Erfahrungen und Expeditionen daher hinfällig wären. Dies wird gerne von Gruppen-Befürwortern als Vorwand/Ausrede verwendet. Wir möchten aber darauf hinweisen, dass jahrelange Expeditions-Ergebnisse und Forschungen nichts mit der persönlichen Meinung über die Haustierhaltung zu tun haben.)

 

Es liegt also nicht in der Natur der Phodopus-Arten in Gruppen gehalten zu werden. Aus den Projekten von Prof. Dr. Steinlechner des P. sungorus ist mir bekannt, dass einige Dsungaren ihren Nachwuchs gemeinsam aufziehen. Dies konnten wir im hauseigenen Hamsterbacken Projekt der Wildfangnachzuchten auch nachvollziehen und bestätigen. Eine dauerhafte Haltung im sozialen Gruppenverband ist also nicht natürlich und alle Zwerghamster-Arten sind in Heimtierhaltung als Einzeltier zu halten. Alle anderen Haltungsformen sind nicht natürlich und nicht im Sinne des Tieres.